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Akteure in Boosstraße warnen vor „Projektitis“

„Hier wurde enorm viel bewegt!“ – dieses Fazit hat Bundestagsabgeordneter Jan Metzler bei seinem Besuch in der Boosstraße ziehen können. Dort sprach er im Stadtteilbüro mit Fachkräften von Diakonie, Caritas und EFAS, aber auch mit Quartier-Bewohnern und ehrenamtlichen Helfern darüber, wie sich das Gebiet weiterentwickeln lässt. Aus dem Quartier, in dem sich noch vor elf Jahren soziale, wirtschaftliche und städtebauliche Probleme häuften, ist inzwischen mit Hilfe des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadtentwicklung“ ein Wohngebiet geworden, in dem die rund 300 Bewohner gern, besser und schöner leben als zuvor. „Ein wichtiger Baustein neben anderen ist dabei die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit der Erwachsenen gewesen.“ sagt Anne Fennel, Leiterin des Diakonischen Werks Worms-Alzey. „Das konnten wir mit Programmen wie „Bildung, Wirtschaft im Quartier“ erreichen“.

 

Die Entwicklung müsse aber weiter gehen, hieß es. Ines Nössler, vom Evangelischen Fachverband für Arbeit und Soziale Integration (EFAS) warnte jedoch: „Wir brauchen keine Projektitis!“. Alle Maßnahmen müssten gut aufeinander abgestimmt sein und auf dem Erreichten aufbauen. Dazu stellte sie die Initiative „Pro Arbeit“ vor, die von neun Sozialverbänden und Institutionen unterstützt wird, darunter auch von Caritas, Diakonie und EFAS. „Wir brauchen eine modellhafte Erprobung“. Das Herzstück des Konzepts ist der sogenannte Passiv-Aktiv-Transfer (PAT). Dieser sieht vor, alle finanziellen Mittel, die Hartz IV-Empfänger zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, in Lohnkostenzuschüsse umzuwandeln. „Wir wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“, erklärte Nössler. Auf diese Weise könnten laut „Pro Arbeit“ mit dem Geld, das jeder Langzeitarbeitslose automatisch erhält, bereits gut 50 Prozent einer regulären Vollzeitanstellung finanziert werden. „Nur durch Beschäftigung, die öffentlich gefördert wird, bekommen Langzeitarbeitslose die Chance, langfristig auch wieder auf dem regulären Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Und das nützt den Kindern in den Familien und unseren Sozialkassen“, fasste Nössler zusammen, im Beisein von Sara Biedinger vom Quartiermanagement des Diakonischen Werks und der Caritas-Fachbereichsleiterin für Qualifizierung, Anja Sommer.

 

Die Quartierbewohner hätten - verglichen mit der Zeit vor der Quartierentwicklung - nun höhere Schulabschlüsse und die Beschäftigungsquote habe sich um etwa ein Viertel erhöht, ergänzte Fennel. Ermöglicht worden sei dies durch die Arbeit der Spiel- und Lernstube mit den Kindern und lokale und passgenaue Projekte für die Erwachsenen mit flexibel einsetzbaren Mitteln zur individuellen Förderung. „Vor allem ist es gelungen, die Bewohner mit einzubeziehen“. Letzteres betätigten Siegfried Feugel und Tischine Rosolin, die selbst im Quartier leben und dort auch an Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekten teilgenommen haben. Sie wirken heute ehrenamtlich mit, denn eine sinnvolle Aufgabe zu haben ist ihnen wichtig.

 

Um die Menschen im Quartier zu erreichen seien oft besondere Maßnahmen nötig, damit die herkömmlichen Angebote, wie beispielsweise Sprachkurse oder Angebote in der Volkshochschule, überhaupt von den Bewohnern genutzt werden könnten, sagte Fennel. Jeder Vierte im Quartier Boosstraße habe einen Migrationshintergrund – bei Kindern in der Spiel und Lernstube des Quartiers seien es rund 85 Prozent.

 

Jan Metzler sicherte zu, mit den Beteiligten im Gespräch zu bleiben. Fennel bedankte sich für Metzlers zweistündigen Besuch: „Sie haben gezeigt, dass Sie die Arbeit hier wertschätzen“.