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"Wunsch nach mehr Anerkennung ist grundsätzlich gerechtfertigt" - MdB Metzler und MdL Kessel diskutieren Wünsche und Lösungen im Tarifkonflikt der kommunalen Ki

Im Tarifkonflikt der kommunalen Kitas haben sich Gewerkschaften und Kommunale Arbeitgeberverbände (VKA) auf eine Schlichtung verständigt und die Streiks vorerst ausgesetzt. Der Konflikt ist damit aber noch nicht gelöst.  Erzieherinnen und Sozialarbeiter, die am Streik teilgenommen hatten, haben sich nun im Wormser Gewerkschaftshaus getroffen mit dem Bundestagsabgeordneten Jan Metzler und dem Landtagsabgeordneten Adolf Kessel. Diskutiert wurden Wünsche und Lösungsansätze aus Wormser Sicht.

 

Volker Schäfer, Sozialarbeiter bei der Kompetenz-Agentur, Detlef Schweitzer-Gellert und Immanuel Griesbaum vom „Allgemeinen Sozialen Dienst“ (ASD), die alle drei bei der Stadt Worms beschäftigt sind, sowie Felita Hessel, Leiterin einer kommunalen Kindertagesstätte in Worms, und Iris Koch, die als Heil-Erziehungs-Pflegerin arbeitet, machten deutlich: den Erziehern und Sozialarbeitern geht es nicht einfach nur um mehr Geld, sondern auch um mehr Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Adolf Kessel, der auch Landesvorsitzender der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft ist und die Arbeitnehmerseite der CDU in Rheinland-Pfalz vertritt, sagte: „Der Wunsch nach besserer Anerkennung der Arbeit, die von Erziehern und Sozialarbeitern geleistet wird, ist voll und ganz berechtigt“.

 

Felita Hessel beschrieb, wie sehr sich die Bedingungen in Kindertagesstätten verändert haben in den letzten 20 Jahren: „Es gibt mehr jüngere Kinder zu betreuen, die Öffnungszeiten sind länger geworden, es wird mehr Ganztagsbetreuung geleistet und auch die Elternarbeit nimmt einen höheren Stellenwert ein.“ Schäfer und Griesbaum führten ebenfalls gestiegene Anforderungen im Bereich der Sozialarbeit ins Feld. Beschäftigte würden Weiter-Qualifizierungen, die nicht vorgeschrieben seien, sogar aus eigener Tasche zahlen.

 

Felita Hessel und Iris Koch fassten zusammen: „Erzieherinnen absolvieren eine fünfjährige Ausbildung, von denen vier Jahre - ähnlich wie in einem Studium - nicht bezahlt werden, sie arbeiteten in einem sogenannten Mangelberuf, also einem Beruf, in dem Fachkräfte gesucht sind“ – trotzdem verdienen sie unterdurchschnittlich. Leitende Kita-Kräfte würden zudem, wenn sie die Einrichtung wechselten, nicht selten im Einkommen zurückgestuft. Volker Schäfer und Immanuel Griesbaum rechneten vor, wie knapp angesichts der dünnen Personaldecke in Kindertagestätten die Zeit wird, selbst wenn man pro Wickelgang für jedes Kind nur von einer Wickelzeit von drei Minuten ausgeht. Griesbaum: „Wenn nun in einer Kita 50 Wickelkinder sind, bedeutet dies, dass über zwei Stunden alleine dafür notwendig sind alle Kinder nur einmal zu wickeln. Natürlich müssen die Kinder aber mehr als einmal am Tag gewickelt werden. Das bedeutet weniger Zeit für pädagogische Arbeit. Vor 20 Jahren gab es noch keine Wickelkinder in Kindergärten, da Sauberkeit eine Voraussetzung für die Aufnahme war. Trotz der weniger werdenden Zeit sind die Ansprüche der Eltern an die Bildung ihrer Kinder schon in der Krippe und der Kita gewachsen. Das stellt die Erzieherinnen und Erzieher vor neue Herausforderungen.“

 

Jan Metzler und Adolf Kessel, die beide auch in der Kommunalpolitik aktiv sind, veranschaulichten, dass in diesem Konflikt nicht nur die Kinder, Erzieher und Eltern die Leidtragenden sind. Auch die Kommunen zählten zu den Verlierern, weil sie Aufgaben übernehmen müssten, finanziell jedoch keinen Spielraum hätten. „Da kommt ein bunter Strauß zusammen“, sagte Jan Metzler und warb dafür, den Konflikt differenziert zu sehen.

 

Laut der Gewerkschaft Verdi soll eine bessere Bezahlung nicht mit einer pauschalen Lohnerhöhung erreicht werden, sondern durch eine um mehrere Stufen höhere Eingruppierung in der Gehaltstabelle. Kessel zog Parallelen zum Polizeidienst, dem er selbst rund 35 Jahre angehörte. In den 70er Jahren sei mit einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey nachgewiesen worden, dass die polizeilichen Tätigkeiten dem gehoben und höheren Dienst zuzuordnen seien. Dies führte zur zweigeteilten Laufbahn und zum Wegfall des „mittleren Dienstes“ bei der Polizei. Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung können demnach höher gestuft werden, wenn davon Hilfstätigkeiten abgegrenzt werden, die in einem einfacheren Berufsfeld mit leichterem Zugang und niedrigerem Gehalt zusammengefasst werden können. Als Beispiel, dass dies auch bei den Berufen im  Erziehungswesen grundsätzlich möglich sei, nannte Felita Hessel den Beruf des Sozialassistenten, der eine Vorstufe zum Erzieher-Beruf darstellt.

 

Der Großteil der Kitas ist in der Hand von freien Trägern, die nicht direkt von dem Tarifkonflikt betroffen waren. „Das Ergebnis für Kitas in Einrichtungen öffentlicher Träger wird aber eine Signalwirkung haben“, erklärten Volker Schäfer und Detlef Schweitzer-Gellert.

 

Immanuel Griesbaum wies außerdem auf Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung hin, die einen höheren Personalschlüssel als derzeit in Kindertagesstätten üblich für notwendig hält. Auch die von der CDU geforderte Wiedereinführung von nach dem Einkommen der Eltern gestaffelten Beiträgen wurde von den Gewerkschaftern grundsätzlich begrüßt. Damit komme mehr Geld ins System und die von den Erzieherinnen und Erziehern geleistete Arbeit erfahre eine größere Anerkennung. Die Gesprächsteilnehmer hoffen auf eine baldige Einigung der Tarifparteien, damit Kindern und Eltern ein weiterer Streik erspart bleibt.