BERLIN/RHEINHESSEN Der Personalmangel und das derzeitige Chaos an deutschen Flughäfen sind für den Bundestagsabgeordneten Jan Metzler nur zwei Aspekte eines noch viel größeren Problems: dem Mangel an Fachkräften. Metzler sieht hier dringenden Bedarf – und zwar längst nicht nur bei den Airlines, sondern in fast allen Bereichen, darunter auch Pflege und Handwerk. Er verlangt von der Bundesregierung ein umfassendes Sofortprogramm zur Arbeits- und Fachkräftegewinnung: „Was wir jetzt brauchen, ist eine Fachkräftestrategie aus einem Guss!“
Im E-Mail-Postfach und bei den Sprechstunden des Abgeordneten in Alzey und Worms häufen sich die Beschwerden derzeit besonders wegen des Flughafen-Chaos. Urlaube können teils nur verspätet, manche gar nicht angetreten werden. Denn längst nicht nur am Berliner Flughafen läuft es nicht rund, auch in Frankfurt leidet der Flugverkehr unter Personalmangel. Dies bekommen auch die Urlauber aus der rheinhessisches Heimat des Abgeordneten zu spüren und machen ihrem Ärger bei ihm Luft. „Allein im verarbeitenden Gewerbe arbeiten heute 145000 Menschen weniger als im März 2020“, sagt Metzler daher mit Blick auf die Dringlichkeit einer Fachkräftestrategie und beruft sich dabei auf Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Insgesamt wurden demnach während Corona zu wenig Arbeitskräfte eingestellt. „Das hat das vorher schon bestehende Problem verschärft.“ Metzler will, dass die Bundesregierung nun Sofortmaßnahmen auf den Weg bringt. Laut IAB dauert es 239 Tage, bis eine offene Stelle in der Pflege besetzt werden kann, einen Klempner findet man in 224 Tagen. „Das dauert zu lange“, sagt er und nennt für das Maßnahmenpaket viele konkrete Vorschläge, vom Lohnkostenzuschuss für Bewerber, über ein „ÖPNV-Azubi-Ticket“ bis hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum für Auszubildende.
Auch die Alterung der Gesellschaft macht sich demnach jetzt stark bemerkbar. 2020 war der Anteil der Schulabgänger (750000) nicht mal halb so groß wie der Anteil derjenigen Menschen, die in diesem Jahr einen Antrag auf Renteneintritt gestellt haben (1,7 Millionen), laut IAB. „Die Berufsorientierung muss deshalb noch individueller und persönlicher werden, damit sie junge Menschen aus allen Bereichen besser erreicht“, sagt Metzler. „Wir brauchen gut ausgebildete Gesellen, Meister und Fachwirte genauso wie Hochschulabsolventen“.
Nötig sind laut Metzler außerdem flexible Nachqualifizierungen, die auch Quereinsteigern eine Chance bieten. Laut IAB ist auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen gestiegen und bietet Potenzial. Ebenso will Metzler, dass Bildungsabschlüsse, in Abstimmung mit den Ländern, besser vergleichbar werden. Aber auch die Arbeitgeber werden ihre Angebote verbessern müssen. Der Abgeordnete spricht sich für mehr flexible Arbeitszeitmodelle aus. Gerade im ländlich geprägten Rheinhessen, wo viele Menschen weitere Strecken zur Arbeit pendeln, ist die langfristige Option auf Homeoffice oder flexible Modelle ein echter Gewinn, weiß Metzler aus vielen Gesprächen, wie er berichtet. Daneben gelte es, die Potenziale der Digitalisierung und Automatisierung noch besser auszuschöpfen. „Auch müssen wir die Möglichkeiten nutzen, die uns das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz bietet.“
Nicht zuletzt müsse der Einstieg in den Arbeitsmarkt nach der Elternzeit leichter und die Kinderbetreuung in der Fläche verbessert werden. Metzler will darüber hinaus für Familien eine erleichterte steuerliche Abschreibung bei Kinderbetreuungskosten.